Reiseberichte

Venezuela – Isla Margarita (April 2005)

Venezuela ist ein traumhaft schönes Land im Nordosten Südamerikas. Christoph Kolumbus entdeckte seine Küste schon 1498 auf seiner dritten Reise, ich erst 507 Jahre später… Der Landesname rührt von den am Maracaibosee vorgefundenen Siedlungen aus Pfahlbauten her, die die Eroberer an Venedig erinnerten.

Die unglaubliche Artenvielfalt in Flora und Fauna beeindruckte einst Alexander von Humboldt und zieht noch heute den Besucher in seinen Bann. Einige Arten kommen endemisch vor, das heißt, sie existieren nur hier. Wenn man sich für das touristisch erschlossene Ziel Isla de Margarita entscheidet und auf die Kombination mit Reisezielen des Festlandes verzichtet, erhält man hier nur einen sehr kleinen Einblick von der Vielgestaltigkeit des Landes.

Diese Insel hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Perlengründe (Margarita, altgriechisch: Perle), die die Begehrlichkeiten kolonialer Eroberer auslösten, der Befreiungskampf der indianischen Urbevölkerung gegen die spanischen Eindringlinge, die Interessenlagen verschiedener mittelalterlicher Seefahrer einschließlich von Piraten und vor allem das Leben des südamerikanischen Volkshelden Simon Bolivar haben überall Spuren hinterlassen.

Spätestens seitdem die Insel 1975 zur Freihandelszone erklärt wurde und damit der unbeschränkte zollfreie Einkauf von Waren ermöglicht war, wurde Margarita zum Ziel des nationalen und internationalen Tourismus.

Die meisten Hotels finden sich an den Stränden nordöstlich der Stadt Porlamar, wo sich auch der Airport befindet. Das LTI-Costa Caribe Beach Hotel liegt weiter westlich nahe dem Fischerdorf Juan Griego. Die Gästeschar ist auch in diesem Hotel bunt gemischt: Neben zahlreichen Urlaubern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz trifft man auch einige Gäste aus Kanada und Großbritannien an. Das Hotel (nationale Kategorie: 4 Sterne) besteht aus mehreren 2-stöckigen Häusern, die sich um eine große Poollandschaft und das zentrale Restaurant herum gruppieren. Die Zimmer sind schön, Sauberkeit und Verpflegung ließen keine Wünsche offen. Dass derartige All-Inclusive-Anlagen immer auch einige besondere durstige Gäste mit sich bringen, stört wenig.

Die Anlage ist schon einige Jahre alt, was zum Teil sichtbar ist, aber von dem wunderschön gepflegten, in tropischer Farbenvielfalt blühenden Garten mehr als wettgemacht wird. Am Strandabschnitt unmittelbar vor dem Hotel haben sich mehrere Gäste an größeren Gesteinsbrocken Blessuren zugezogen, einige Gehminuten entfernt sind solche Gefahrenquellen seltener. Der Wellengang ist meist recht hoch, mitunter gibt es stärkere Brandung.

Es gibt zahlreiche schöne Strände, in geschützten Lagen auch mit geringerer Wellenhöhe und Brandungsintensität. Leider sind insbesondere einsam gelegene Strände oft stark verschmutzt.

Der Südosten Margaritas und die Region um die einsame Nachbarinsel Coche herum gelten als Surf-Paradies mit Windgeschwindigkeiten um 30 Knoten, hier wurden während meines Urlaubs die Weltmeisterschaften im Kitesurfen ausgetragen. Die Lage der Hotels ist etwas einsam, in den nächsten Ort sind es ca. 4 km. Taxis sind jedoch sehr billig. Es ist schon ein Vergnügen, mit einem riesigen amerikanischen Chevrolet, der mindestens 25 Jahre alt ist, kutschiert zu werden. Erstaunlich viele Fahrer sprechen ein Paar Brocken deutsch. Ihre Uralt-Vehikel sind ihr ganzer Stolz, Wert wird auf breite Reifen und ordentlichen Sound im Auto gelegt, Bremsen / Lenkung geraten etwas ins Hintertreffen des Interesses. Rostfrei sind eigentlich nur die abgenutzten Polster- und Kunststoffteile.

Der Chevi, mit dem wir mehrfach fuhren, wurde von einem 5,1 Liter großen V8-Block angetrieben und verbrauchte 30 l „Super“ auf 100 km. Die Frage nach Abgasentgiftung erübrigt sich bei Baujahr 1979. Einem deutschen TÜV-Ingenieur hätten die Haare zu Berge gestanden, uns hat es Spaß gemacht.

Das Tauchen wird innerhalb der Hotelanlage von der kleinen PADI-Basis „Scuba Pelicano“ angeboten. Die Ausfahrten erstrecken sich täglich von 8.15 Uhr bis meist gegen 17.00 Uhr. Diese zeitliche Ausdehnung ergibt sich, da zunächst mit Bussen / Taxis zu einem Hafen gefahren wird (25-45 min), bevor es dann mit Booten zu den Tauchzielen (30-60 min) geht.

Die Tauchplätze um die Inselgruppe Los Frailes oder das Wrack der Fähre St. Carolina unweit der Insel Cubagua (1984 nach Brand an Bord gesunken, keine Opfer) sind durchaus sehenswert, wenn auch nicht spektakulär. Die mittlere Sichtweite lag bei 15 m, 25 aber auch 5 m sind Wetterbedingt möglich. Geringe Strömungen sind zum Teil anzutreffen, Seegang bei den Überfahrten schaukelt die Boote ordentlich durch.

70,- $ für einen Tauchtag mit eigener Ausrüstung einschließlich Verpflegung sind kein Super-Schnäppchen. Die beiden Guides Angie und Ewald und die Bootsbesatzungen geben sich mit den Gästen viel Mühe, stoßen zum Teil bei 15 Tauchern und weiteren Schnorchelgästen an die Grenzen des Machbaren.

Empfehlung: Bei solcher Enge wird es ungemütlich an Bord, also Anzahl der Gäste vorher erfragen und ggf. umplanen!

Gesehen haben wir zahlreiche Muränen, Rochen, Barakudas und auch mehrere riesige Fischschwärme. Großfisch trifft man nicht an, aber gerade die Plätze um Los Frailes haben durchaus ihre Attraktivität.

Der Tauchbetrieb bei „Scuba Pelicano“ zeigt deutliche Defizite an Organisation, Logistik und Sicherheitsstandards: Eine Bootseinweisung nur auf den Hinweis zu beschränken, wo sich die Toilette befindet, reicht nicht aus! Wenn man einem Raucher nicht explizit sagt, was seine weggeworfene Kippe im Wasser anrichtet, wird er keinen Aschenbecher benutzen.

Schlimmer ist meines Erachtens das mehrfache Fehlen jeglicher Notfallausrüstung auf den angemieteten Booten, ein Verbandkasten und ein Sauerstoffkoffer müssen Minimalstandard sein, selbst wenn die Maximaltiefen bei 25 m liegen (2 Basen teilen sich die Plätze an Bord, sind nur Gäste von „Scuba Pelicano“ dabei, ist kein Notfallkoffer an Bord).

Hier liegt die Verantwortung klar bei der Basis.

Die nächste Deko-Kammer auf dem Festland stellt im Ernstfall eher eine theoretische Option späterer Therapiemaßnahmen dar, zumal es keine Luftrettung gibt. Briefings werden kurz durchgeführt, eine Buddyeinteilung mehr zur Orientierung des Guides als zur Sicherstellung eigener Handlungsfähigkeit innerhalb der Zweierteams erfragt.

Gänzlich bedenklich fand ich, in Innenräume von Wracks hineinzutauchen, deren Zerstörung durch die Gewalt des Meeres bereits weit vorangeschritten war. Der gesamte Schiffskörper (es ragt aus dem Meer und erstreckt sich bis in 12 m Tiefe) bewegt sich sichtbar im Takt der Wellen.

Da ich aus dem vorherigen Gespräch wusste, das 2 Mittaucher an / in diesem Wrack ihren 6. und 7. Tauchgang nach ihrer Open-Water-Ausbildung in Ägypten absolvierten, fand ich das nicht mehr grenzwertig. Die Vorerfahrung war an Bord bei der Einteilung in keiner Weise erfragt worden, die Tarierfertigkeiten waren der Tauchpraxis entsprechend ausgeprägt…

Über „Anfängerausbildung“ im Hotelpool, der an seiner tiefsten Stelle 1,27 m tief ist, möchte ich mich hier nicht weiter auslassen. Richtig ärgerlich fand ich die Handhabung der Abrechnung: Den Gästen wird, da Kartenzahlung nicht möglich ist und nicht jeder entsprechende Dollar- oder Eurosummen dabei hat, die Überweisung aufs deutsche Konto von zu Hause angeboten. Dabei wird nicht erwähnt, dass dem Gast ein Kurs von 1,15 $ / € berechnet wird. Bei 10 Tauchgängen (315 $) sind das 32,- € Zuzahlung, das ist in meinen Augen unseriös.

Ich habe gemäß Tageskurs überwiesen und Mittaucher entsprechend aufmerksam gemacht.

Alternative Freizeitangebote: Vom Hotel werden mehrere Ausflüge angeboten. Die Inselrundfahrt gibt einen interessanten Eindruck vom östlichen Inselteil, auf dem 90% der Bewohner leben. Diese Seite ist zum Teil üppig grün und fruchtbar, in ihrer Mitte befindet sich ein kleiner Nationalpark.

Die Jeeptour führt auf den wüstenartigen westlichen Inselteil Macanao. Hier leben, von zahllosen Kakteen einmal abgesehen nur einige Hundert Fischer in wenigen einsamen Siedlungen. Im offenen hinteren Teil unseres Jeeps erreichten wir 42,6 ° C, die Sonnenintensität führt in kürzester Zeit zum Sonnenbrand! Neben dem Besuch des Marinemuseums und einem kurzen Off-Road-Abstecher ist bei diesem Ausflug vor allem die Bootstour durch den Mangrovenwald interessant, der sich zwischen beiden Inselteilen ausdehnt. Alternativ wird auf Macanao ein Reitausflug angeboten. Ausflüge per Segelboot bzw. Katamaran zur Nachbarinsel Coche haben wir nicht wahrgenommen, auch diese sind von anderen Reisenden mit viel Begeisterung wiedergegeben worden. Wir waren auch so viel auf, im und unter Wasser.

Das absolute Highlight ist der 2-tägige Ausflug in den Nationalpark Canaima im Südosten Venezuelas und ins scheinbar grenzenlose Delta des Orinokos.

Allein die Flüge (6 Etappen, ca. 2000 km in 36 Stunden) in den einmotorigen Propeller-maschinen lassen einen ins Schwärmen geraten. Der riesige Nationalpark Canaima (300 000 Quadratkilometer) ist vor allem von den 56 Tafelbergen geprägt, die aus der Ebene des Regenwaldes aufragen und deren Spitzen zum Teil oberhalb der Wolkendecke zu sehen sind. Ein toller Eindruck schon beim Anflug. Vom größten Tafelberg Auyan Tepuy ergießt sich aus 970 m Höhe der weltweit höchste Wasserfall, der Angel Fall. Zum Ende der Trockenzeit macht er trotz seiner Höhe einen etwas kümmerlichen Eindruck, die Wasserführung ändert sich in den Bergen regenabhängig mitunter innerhalb 24 Stunden.

Im Camp des Nationalparks unternimmt man eine Einbaumfahrt zu 6 Wasserfällen, um dann auf einer Wanderung einen der Fälle zu hinterqueren, dass heißt, man klettert zwischen Felswand und herabstürzenden Wassermassen hindurch. Ein feucht-fröhliches Vergnügen!

Im nahezu unermesslich ausgedehnten Delta des Orinoko besucht man die noch sehr zivilisationsfernen Warao-Indianer, fährt mit dem Einbaum in das endlose Labyrinth der Seitenarme des Orinokos, um Piranhas zu angeln und unternimmt auch eine nächtliche Bootsfahrt. Nach Einbruch der Dunkelheit erwacht der Regenwald zu artenreichem Leben…

Hinweis: Mitunter werden diese Ausflüge verlegt oder gänzlich abgesagt. Wenn man die Tour an den Anfang des Urlaubs legt, bleiben hier Spielräume!

Weitere Angebote waren zum Beispiel die Tagestour nach Caracas oder die 2-Tagestour zu der Inselgruppe Los Roques („Malediven von Venezuela“, 340 Koralleninseln), ich habe sie nicht wahrgenommen.

Fliegen:

Mit Condor u.a., ca. 10 Stunden ab Frankfurt

Klima:

Tropenklima, Reisezeit ganzjährig

Impfungen:

Keine Pflichtimpfungen; Diphterie-, Polio- und Tetanusimmunisierung ggf. auffrischen lassen, Hepatitis A wird empfohlen

Geld:

Der Bolivar ist eine reine Binnenwährung, die Inflation schreitet rasant voran. Ausflüge / Tauchen werden in US-Dollar oder Euro bezahlt. Der offizielle Kurs betrug im April 2005 2150 Bs./ $ bzw. 2400 Bs./ €. Die Reiseleiter, Tourguides oder Wechselstuben geben einem 2400 bzw. 3000 Bolivar, vor Geldwechseln auf offener Straße wird nachdrücklich gewarnt. Rücktausch ist nicht möglich! Kreditkartennutzung ist wegen des dann zwangsläufigen offiziellen Kurses unattraktiv, ebenso Reiseschecks. Ganz große Bargeldmengen sind trotzdem verzichtbar, ein Shoppingparadies ist Venezuela trotz günstiger Gelegenheiten nun auch nicht.

Preise:

Katalogpreis für 14 Tage mit HP ab ca. 1150,- €, ab 900,- € im Last-Minute-Angebot.

Reiseführer:

Marco Polo; Peter Meyer Verlag u.a.

Fazit:

Venezuela hat hinsichtlich landschaftlicher Attraktionen, uralten Kulturstätten und interessanten Städten unglaublich viel zu bieten, hiervon ist auf der Isla Margerita nur ein kleiner Ausschnitt zu sehen. Man verpasst daher die wesentlichen Sehenswürdigkeiten, wenn man sich nur auf die Insel beschränkt. Das LTI-Hotel Costa Caribe Beach kann ich empfehlen, bei der PADI-Tauchbasis „Scuba Pelicano“ von Gregor Tepel rate ich eher ab, auch wenn ich schöne Tauchausfahrten erlebt habe. Für einen „reinen“ Tauchaufenthalt gibt es attraktivere Ziele; eine Woche Anschlussaufenthalt nach einer 8-tägigen Rundreise auf dem Festland ist sicher die beste Wahl. Leider in dieser Kombination im Last-Minute nicht zu bekommen.